"Gedanken der Nacht" von PW

"Gedanken der Nacht" von PW

Eigentlich hast du recht, denke ich mir und setze mich auf mein Bett.
Eigentlich hast du mir nie was versprochen. Ich war die Dumme,
die sich zu viel auf deine Worte eingebildet hat.
Plötzlich warst du einfach verschwunden.
Einfach so.
Ohne ein Wort.
Und wie ich hier jetzt so sitze fällt mir auf, dass du mir gar nicht fehlst.
Nicht ein kleines Bisschen.
Nicht einmal fast.
Nein.
Überhaupt nicht.
Was warst du denn schon für mich?
Ein Kerl. Nichts weiter. Ich wusste schon damals, dass ihr Kerle nur zu
einer Sache zu gebrauchen seid.
Selbst das vermisse ich nicht mehr.
Nichts.
Keinen deiner Küsse. Keine deiner Berührungen. Keines deiner Worte.
Es ist fast so, als hättest du nie existiert.
Als wäre das alles mit dir nur ein Traum gewesen.
Ich stehe auf und gehe zum Fenster.
Es ist bereits dunkel draußen.
Die Laternen beleuchten die Straße.
Kein Auto ist unterwegs.
Und außer dem Wind, der durch die Nacht pfeift, hört man nichts.
Leise öffne ich das Fenster und lehne mich vorsichtig hinaus.
Ein Blick nach unten und ich sehe den Asphalt, fünf Stockwerke tiefer.
Ein kleiner Ruck und ich wäre draußen. Und alles wäre vorbei.
Denn es schmerzt, wenn man sich an nichts mehr erinnert.
Hast du mein Herz so sehr verunstaltet, dass ich nichts mehr fühle?
Hast du meine Gedanken so manipuliert, dass ich mich an nichts erinnere?
Du bist spurlos aus meinem Leben getreten.
Das würe ich auch gerne tun.
Spurlos.
Ich schaue kurz hoch zu den Sternen und schließe danach mein Fenster.
Langsam lege ich mich in mein Bett.
Eine leere Flasche Alkohol steht auf dem Boden.
Nachdem du weg warst habe ich nur noch getrunken.
Um dich zu vergessen.
Es klappte, dachte ich fälschlicherweise.
Und nun?
Nun kommst du zurück und doch nie mehr zu mir.
Träume wiederholen sich nicht.
Und die letzte Frage, bevor ich einschlafe, die in meinem Kopf wild
um sich schlägt lautet:
Vielleicht hast du nie wirklich existiert?

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